Bescheid versehentlich versandt: Behörde ist daran gebunden
25.01.12 (Mandantenbrief, Staat & Verwaltung)
Verschickt eine Behörde einen positiven Bescheid an den Antragsteller, obwohl dieser nur als Duplikat für den internen Gebrauch erstellt war, so ist sie zur Leistung verpflichtet. Dies hat das Sozialgericht (SG) Wiesbaden entschieden.
Der Kläger hatte bei der Deutschen Rentenversicherung die Kostenübernahme für eine Rehabilitation für Abhängigkeitskranke beantragt. Vor Erstellung des notwendigen Sozialberichts beantragte er die zeitnahe Durchführung einer Entgiftung und anschließenden Therapie in der O-Klink und führte die Therapie zunächst auf eigene Kosten in Höhe von rund 13.000 Euro durch. Die Beklagte teilte dem zwischenzeitlich wieder als Ingenieur tätigen Kläger mit, dass die Kosten übernommen werden. Am Ende des Bescheids war „Duplikat für ALGR 5411“ vermerkt. Drei Monate später erhielt der Kläger einen weiteren Bescheid, worin die Behörde zusagte, ihm nur die anteiligen Kosten in Höhe von knapp 3.000 Euro zu erstatten, die für eine Entwöhnungsbehandlung in der R-Klinik entstanden wären.
Das SG Wiesbaden verurteilte die Rentenversicherung zur Übernahme der vollen Kosten. Bei der Kostenzusage handele es sich um einen wirksamen Bescheid, der dem Adressaten bekannt gegeben worden sei. Die Deutsche Rentenversicherung habe nicht erklären können, warum und wann die Bescheidduplikate an den Kläger übersandt worden seien. Seien die Bescheide nicht mit Wissen und Wollen der Behörde versandt worden, sei dies von der Behörde zu beweisen. Jedenfalls handele es sich um so genannte Scheinverwaltungsakte, die nach den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit als wirksam zu behandeln seien.
Sozialgericht Wiesbaden, S 9 R 163/09, rechtskräftig