Eigentümerhaftung ist bei Überlassung von Gegenständen begrenzt
07.11.10 (Mandantenbrief, Verbraucher, Versicherung & Haftung)
Die steuerliche Haftung eines Dritten mit Gegenständen, die er einem insolventen Unternehmen zur Nutzung überlassen hat, ist begrenzt. Das Finanzgericht Münster hat in zwei Entscheidungen klargestellt, dass eine Haftung für die Steuerschulden des Unternehmens nach § 74 der Abgabenordnung (AO) nur in Betracht kommt, wenn der Dritte zum Zeitpunkt seiner Inanspruchnahme noch Eigentümer dieser Gegenstände ist. Ein Zugriff auf den Veräußerungserlös sei rechtswidrig. Das Gericht hat allerdings mit Blick auf eine abweichende Entscheidung des FG Nürnberg die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Das Finanzamt hatte die Kläger als Gesellschafter einer GmbH & Co KG gemäß § 74 AO in Haftung genommen. Sie sollten für Steuerschulden der insolventen GmbH & Co KG in sechsstelliger Höhe einstehen. Die Haftung war dabei zwar auf ehemals betrieblich genutzte Grundstücke und sonstige Gegenstände des beweglichen Anlagevermögens beschränkt, die die Kläger an die GmbH & Co KG verpachtet hatten. Da aber die Kläger die Grundstücke und das Anlagevermögen nach Einleitung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH & Co KG verkauft hatten, wollte das Finanzamt nun ersatzweise auf den Verkaufserlös zugreifen.
Das FG hat in diesem Zusammenhang klargestellt, dass der Haftungsschuldner zumindest im Zeitpunkt der Geltendmachung der Haftung noch Eigentümer des Haftungsgegenstandes sein muss. Werde der Gegenstand vor Erlass des Haftungsbescheids veräußert, scheide eine Haftung nach § 74 AO aus. Dies ergebe sich daraus, dass die Haftung nach § 74 AO zwar eine persönliche, zugleich aber auch eine gegenständlich beschränkte Haftung sei.
Einen haftungsrechtlichen Zugriff auf den Erlös aus dem Verkauf des Haftungsgegenstandes lehnte das Gericht ab. Ein solcher sei bereits nicht mit dem Wortlaut der Norm vereinbar, wonach gerade „mit“ dem Gegenstand gehaftet werde. Außerdem kenne auch das Zivilrecht kein allgemeines Prinzip, das einen uneingeschränkten Zugriff auf den Verkaufserlös erlaube.
Finanzgericht Münster, Entscheidungen vom 02.09.2010, 5 K 4110/08 U und 5 K 4112/08 U
Quelle: Mandantenbrief November 2010, Seite 28
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